Jakob Mayer ist ein unbeirrbarer Künstler. Unabhängigkeit ist für ihn keine lahme Phrase, kein Insta-Image. Als er sich im Jahr 2017 vom Konzept Wohnort limitiert fühlte, buchte er keinen
Urlaub in Schweden, sondern sammelte innerhalb kürzester Zeit 10.000 Euro, um einen Truck zu einem mobilen Zuhause samt Studio umzubauen. Anschließend tourte er fast zwei Jahre lang durch den gesamten deutschsprachigen Raum und suchte nach Parkplätzen am Grazer Schlossberg, der Kieler Förde und in der Frankfurter Downtown. Die notwendige Ruhe und Konsequenz schöpft er nicht zuletzt aus seiner treuen Fanbase, die neben lauwarmen Snacks von der Autobahnraststätte ein wichtiger Antrieb für ihn sind. Momentan sitzt er in Mannheim die Pandemie aus und kann es kaum erwarten, wieder in See zu stechen.
Ausgebildet am deutschen Olymp der Unterhaltungsmusik, der Popakademie in Mannheim, weiß Mayer, wie man ein Album pitcht, einen Track produziert und einen radiotauglichen Song schreibt. Umso beherzter hat er all diesen Schliff über Bord geworfen und seinen Sound radikal auf ein billiges Kinderkeyboard und wummernde Loops runtergeschraubt. Jakob Mayer beatboxt, singt, rappt, nuschelt, lallt, schrammelt, hackt auf seine Instrumente ein und verrührt alles zu einem verblüffenden, treibenden Sound, der in die Beine und die Herzen geht. Man kann das, wenn man will, brandneue deutsche Welle nennen, Slacker-Elektrorock oder Lo-Fi-Poppunk. Man kann es aber auch lassen, und ihn für sein Ohrwurm-Talent und seine ehrlichen, integren und brüllend komischen Texte leise bewundern, die politisch, aber nicht trocken, meinungsstark, aber nicht überlegen daherkommen. Aber auch die stillen Töne beherrscht er spielend: Als sein mobiles Zuhause fast fertig und nur noch Platz für ein einziges Möbelstück war, fiel die Entscheidung nicht umsonst ohne langes Zögern gegen eine Dusche, und für ein Klavier aus. Genau wie seine tanzbaren Tracks begeistern Mayers Balladen mit Einfachheit - sie sind so simpel und gleichzeitig vielfältig, dass man noch beim hundertsten Hören neue Winkel und Ecken entdeckt.
Jakob Mayers drittes Album heißt Pommes sind okay, ist sein bisher Bestes und treibt sein kompromissloses Selfmade-Ethos bis zum Äußersten. Man bekommt es ausschließlich auf seiner Website. Nee, nicht auf Spotify. Nein, auch nicht auf iTunes. Nur auf Jakob-Mayer.com. Ach, und es ist eine Fliese. Ja, richtig gehört, eine Fliese. Mayer schickt euch eine Fliese zu, die das todschicke Album-Cover trägt. Hintendrauf ist der Download-Link. Die Fliese könnt ihr euch an die Wand hängen und draufgucken, während ihr dieses bemerkenswerte Album hört, das gleichzeitig komplett improvisiert und vollkommen geschliffen klingt – so, wie eben nur Jakob Mayer klingen kann.
Fotos: Marc Wilhelm